Mining

Russland hat 54.000 Bitcoins im letzten Jahr geschürft

Fast jeder sechste neue Bitcoin enstand im vergangenen Jahr in Russland. Das von Finanzsanktionen geplagte Land begrüßt den Devisensegen.

Sergej Nazdelow, Direktor des russischen Verbands für Industrielles Mining, erklärte am Östlichen Wirtschaftsforum am 7. September, dass in Russland im Jahr 2023 54.000 Bitcoins erzeugt worden sind.

Das ist nicht ganz ein Sechstel der gesamten in diesem Jahr erzeugten Coins. Zum derzeitigen Preise wären die von Russland geschürften Bitcoins zwischen 2,5 und 3 Milliarden Euro wert.

Nazdelow meint, daraus erwüchsen dem Fiskus Steuereinnahmen von 50 Milliarden Rubel, was etwa 500 Millionen Euro entspricht. Dank eines im August verabschiedeten Gesetzeses im August verabschiedeten Gesetzes hat der Staat nun auch die rechtliche Grundlage, diese Steuern zu vereinnahmen.

Diese Zahl, 50 Milliarden Rubel, stimmt mit Schätzungen überein, die Branchenvertreter in der Diskussion des Gesetzes bereits im Juli abgegeben hatten: Ab etwa 2026 werde das Bitccoin-Mining dem Fiskus 50 Milliarden Rubel einbringen.

Darüber hinaus erhoffen sich Stromversorger durch spezielle Strompreistarife für Miner Mehreinnahmen von rund 44 Milliarden Rubel. Ob und inwieweit dies die Profitabilität des Minings – und damit die Steuereinnahmen – beeinträchtigt, wird noch zu klären sein.

Zugleich gibt es Befürchtungen, dass in den Regionen, in denen die Strompreise am günstigsten sind, ein unkontrolliertes Mining die Versorgung gefährdet. Erst Mitte August kam es im Osten des Landes zu weiten Blackouts. Laut den Behörden standen diese aber im Zusammenhang mit geplanten Wartungsarbeiten.

Dutzende Milliarden Dollar im Limbo

Die Wirtschaft des Landes begrüßt Kryptowährungen wie Bitcoin als Erlösung von den Schmerzen, welche die Sanktionen Russland zunehmend bereiten.

Alexander Shokhin, Präsident der Russischen Union der Industrie und Wirtschaft, sprach ebenfalls auf dem Östlichen Wirtschaftsforum. Er drängte die Regierung, so schnell wie möglich digitale Währungen für den Außenhandel zuzulassen. Die Unternehmerverbände schlugen vor, verschiedene rechtliche Beschränkungen dazu aufzuheben. Dies sei dringend nötig, da die russische Wirtschaft zunehmende Probleme hat, internationale Zahlungen auszuführen.

Eigentlich sollte das im August verabschiedete und im November in Kraft tretende Gesetz genau dies ermöglichen. Offenbar scheint es jedoch nicht alle Unsicherheiten beseitigt zu haben.

Dabei spitzt sich die Problematik für viele Unternehmen wohl zu. Ende August berichtete Reuters, dass „Verzögerungen und steigende Kosten“ den Handel zwischen Russland und China belasteten. Dutzende Milliarden Yuan steckten „im Limbo“ fest.

Sekundäre Sanktionen

Schon seit Monaten weisen russische Unternehmen und auch Beamte auf die steigenden Transaktions-Probleme hin, seit chinesische Banken versuchen, die sekundäre Sanktionen zu vermeiden. Diese sanktionieren nicht allein russische Unternehmen auf den Sanktionslisten, sondern auch deren Geschäftspartner.

Ausländische Banken riskieren daher, von den Dollarmärkten abgeschnitten zu werden, wenn sie mit sanktionierten russischen Unternehmen zusammenarbeiten. Daher müssen sie im Mindesten Maßnahmen ergreifen, um ihre Partner strenger zu prüfen. Dies kostet Geld und Zeit, und oft ist es für Banken einfacher und risikofreier, pauschal Geschäfte mit russischen Kunden abzulehnen.

Diese Probleme haben sich Reuters zufolge im vergangenen Monat intensiviert. Laut einer anonymen, der Regierung nahestehenden Quelle weisen chinesische Banken Transaktionen mit Russland „massenhaft“ zurück. Vorübergehend seien sämtliche Zahlungen zum Erliegen gekommen.

Ähnliches wird von Kirgisien berichtet. In der ehemaligen Sowjetrepublik unterbinden mehr und mehr Banken die Transfers nach Russland.

Effekte auf Rüstung fraglich

Die Händler in Russland sind auf immer neue Umwege angewiesen. Teilweise wird Gold gekauft, nach Hongkong verschifft und dort verkauft. Andere Unternehmen benutzen Ketten von Zwischenmännern in anderen Ländern, um Geld nach China zu bekommen. All das macht Transaktionen um bis zu sechs Prozent teurer, was wohl auf die Preise durchschlagen wird.

Zugleich scheinen Zahlungen für vitale Güter, etwa Rohstoffe oder industrierelevante
Technologien, weiterhin glatt nach China oder von dort zu fließen. Hier scheint es ein Interesse der hohen Politik zu geben, Lösungen zu finden. Die Sanktionen haben daher wenig Aussicht, die russische Rüstung zu unterbinden, sondern schaden vor allem kleineren und mittleren Unternehmen.

Die Problematik mit Devisen und Zahlungsströmen zeigt sich in zahlreichen Aspekten der russischen Wirtschaft und Wirtschaftspolitik. Mangels Pressefreiheit und Transparenz fehlen aber umfassende Einblicke, stattdessen gibt es nur einzelne Schnipsel, die eher andeuten als informieren.

Beispielsweise hat die Zentralbank kürzlich eine Begrenzung für Auszahlungen von Fremdwährungen verlängert, die sie bereits im März 2022 verhängt hatte. Es ist verboten, mehr als 10.000 Dollar abzubuchen. Die Furcht vor einer Kapitalflucht scheint weiterhin gegeben.

Zugleich bemühen sich Regierung und Unternehmen, auf kreative Weise Devisen ins Land zu bringen. Angeblich hat Russland seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine 2,27 Milliarden Dollar aus „freundlichen Ländern“ importiert. Vor kurzem gab es einen Bericht, demzufolge Russland aus Ruanda 29 Millionen Dollar in Banknoten importiert habe.

„Legalisierte Sanktionsumgehung“

Welche Rolle Kryptowährungen bei all dem spielen, ist aber unklar. Selbst ein Bericht von Chainalysis, der am 5. September erschien, hat über einfache Feststellungen hinaus wenig Konkretes zu bieten. Er titelt zwar „Legalisierte Sanktionsumgehung“, nennt die üblichen Börsen wie Garantex, bleibt ansonsten aber im vagen und aus Presseberichten bekannten Geraune.

So dürfte zwar kaum ein Zweifel bestehen, dass Bitcoin und Tether (USDT) genutzt werden, um Sanktionen zu umgehen, sowohl im Privaten als auch im Öffentlichen Bereich. Nicht klar ist jedoch, in welchem Umfang dies geschieht.

Die Regierung würde Kryptowährungen offenbar gerne vermehrt einsetzen, um Sanktionen zu schleifen. Es gibt hier und da Hinweise, dass dies geschieht, doch offenbar eher auf marginalem Niveau. Dies könnte daran liegen, dass Russlands wichtigster Handelspartner, China, eine sehr restriktive Kryptopolitik fährt – oder auch aus der berechtigten Sorge heraus, dass zu viel Beinfreiheit für Krypto die Kapitalflucht aus Russland selbst befördert.

Quelle

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